MITTE SEPTEMBER HAT DER BIO-PIONIER SONNENTOR SEINE NEUESTE GEMEINWOHLBILANZ PRÄSENTIERT. ANHAND OBJEKTIVIERBARER KRITERIEN WIRD DABEI DAS SOZIALE UND ETHISCHE HANDELN EINER FIRMA BEWERTET. WIR HABEN MIT FLORIAN KRAUTZER, DEM "WERTEHÜTER" UND CSR-MANAGER BEI SONNENTOR, ÜBER ENKELTAUGLICHE WIRTSCHAFT, NEUE WEGE UND INNOVATIVEN KRÄUTERANBAU IM WALDVIERTEL GESPROCHEN.
> Ihr Jobtitel ist Wertehüter. Wie schwierig ist es, die Werte von SONNENTOR zu hüten?
Krautzer: Die Herausforderung besteht darin, die Werte, die uns ausmachen und erfolgreich gemacht haben, in einem international tätigen Unternehmen in die Zukunft zu tragen. Dazu braucht es neue Strukturen, Prozesse, Arbeitsmittel und -wege.
> Zum Beispiel die Gemeinwohlbilanz. Ganz ehrlich: Haben Sie als Aushängeschild der Öko-Szene einen solchen Bericht überhaupt nötig?
Wir sind Bio-Pioniere der ersten Stunde und seit jeher Andersmacher. Wir bauen auf langfristige Partnerschaften auf Augenhöhe und schaffen damit eine gute Lebensgrundlage für alle entlang unserer Lieferkette. Das deckt sich auch mit den Grundprinzipien der Gemeinwohlökonomie. Deshalb ist sie auch das geeignete Werkzeug, um unser Tun zu bewerten und zu kommunizieren.
Florian Krautzer und Baigal Fichtinger hüten als CSR-Manager*innen die Werte bei SONNENTOR.
> Welchen Nutzen haben Sie dann von der Gemeinwohlbilanz?
Wir wollen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Durch die strukturierte Bewertung der einzelnen Kriterien wird oft Verbesserungspotenzial sichtbar. In den nächsten Jahren konzentrieren wir uns auf unsere acht wesentlichen Themenbereiche und setzen dazu konkrete Projekte um. Unser Fokus liegt dabei auf 100 Prozent Bio, der Transparenz in der Lieferkette, Klimaschutz, dem damit verbundenen Ausbau der erneuerbaren Energien sowie des E-Fuhrparks, der weiteren Förderung ländlicher Entwicklung weltweit, der Weiterentwicklung von unseren Verpackungen sowie deren Entsorgung und selbstverständlich auf der Qualität und Sicherheit unserer Produkte.
> Sie beziehen Rohwaren aus 50 Ländern rund um den Globus. Wie kann der Transport so nachhaltig wie möglich gestaltet werden?
Ab 2030 sollen die Produktionsstandorte von SONNENTOR zur Gänze frei von Treibhausgasemissionen sein. Vorrangig haben wir bisher an der Verbesserung unserer eignen Abläufe gearbeitet. So haben wir intern das alte Fahrzeug, welches zur Belieferung unseres Geschäfts in Zwettl und der regionalen Landwirt*innen eingesetzt wird, durch einen E-Lkw ersetzt. Dieser wird natürlich mit der Kraft der Sonne getankt. Heuer wollen wir noch eine Analyse der vor- und nachgelagerten Prozesse starten. Das inkludiert auch die angesprochenen Rohwaren-Transporte, aber auch Themen wie Verpackungen und Abfälle. Gemeinsam mit unseren Partnerunternehmen gilt es hier Verbesserungen zu finden.
> Weil wir gerade beim Klima sind: Wie geht es den Kräuterpflanzen im Waldviertel, bzw. bei Ihren Lieferant*innen?
Im Moment wachsen zum Glück viele unserer Blattkräuter noch im Waldviertel. Aber natürlich macht die Klimakrise auch unseren Bio-Bäuerinnen und -Bauern zu schaffen. So tauschen sie sich etwa zum Thema Bewässerung aus. Erste Anbaupartner möchten sich auch das Thema Agroforstsysteme näher ansehen, um zum Beispiel schattenspendende Bäume zu nutzen, um den Wasserhaushalt der Böden zu stabilisieren.
> Die Gemeinwohlökonomie ist der Versuch, ein alternatives Wirtschaftssystem zu etablieren, das weniger auf Konkurrenz als Kooperation setzt. Bisher hat sich diese Denkweise nur in einer kleinen Nische durchgesetzt. Wie kann die Idee sich auch im Großen entfalten?
Das beste Beispiel dafür ist die Bewegung Enkeltaugliches Österreich, die wir 2019 gemeinsam mit den Bio-Bäuerinnen und –Bauern, die das Unternehmen beliefern, gegründet haben. Der Verein soll die Landwirt:innen vor Schäden absichern, die durch Abdrift entstehen können, also durch Pestizide, die von Wind oder Regen von anderen Feldern in der Umgebung mitgetragen werden – Bio-Felder liegen schließlich nicht unter einer Glaskuppel. Eine Studie zum Thema Pestizide und Atemluft, die von eben diesem Verein beauftragt wurde, konnte große mediale Aufmerksamkeit generieren. Dadurch wurde wiederum das Interesse von Personen aus den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft geweckt und eine eigene Bewegung begann sich zu formieren. Heute – nur wenige Jahre danach – ist Enkeltaugliches Österreich die größte Bio-Bewegung des Landes. Konkurrenz hat hier keinen Platz, es gibt nur gemeinsame Ziele. Eines davon ist etwa die stufenweise Erhöhung der Bio-Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel Kindergärten und Krankenhäusern. Solche Schritte lassen sich nur gemeinsam umsetzen.
Die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Produktionsgebäudes wird laufend erweitert. Aktuell kann bereits die Hälfte des Energiebedarfs selbst gedeckt werden.
> SONNENTOR feiert heuer 35-jähriges Jubiläum. Wohin geht die Reise in den nächsten 35 Jahren?
Unser Ziel ist es, auch in den kommenden Jahrzehnten als Vorreiter voranzugehen. Mit unserem Tun möchten wir nicht nur zeigen #EsGehtAuchAnders – wir möchten vor allem andere inspirieren, auch diesen Weg zu gehen. Ob Privatpersonen oder Unternehmen – wir alle haben die Möglichkeit, unsere Zukunft und die Werte, die darin eine Rolle spielen, mitzugestalten.
UM WINDRÄDER IST IN OBERÖSTERREICH EIN REGELRECHTER GLAUBENSSTREIT AUSGEBROCHEN. KLIMASCHUTZ-LANDESRAT STEFAN KAINEDER WILL VERBÜNDETE SUCHEN, UM DIE KLIMAWENDE UND DEN UMBAU ZUR KREISLAUFWIRTSCHAFT ZU SCHAFFEN.
> Auf der WeFair gibt es heuer erstmals einen Reparaturschwerpunkt. Was war der letzte Gegenstand, den Du selber repariert hast?
Kaineder: Das Display vom Smartphone meiner Tochter.
> Durch Reparieren können wir die Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten erhöhen und somit Müll vermeiden. Was brauchen die Menschen dafür?
Einerseits ist es wichtig, dass Produkte reparierbar produziert werden. Hierfür gibt es schon einen entsprechenden Beschluss im europäischen Parlament. Andererseits müssen wir Anreize setzen, damit die Menschen defekte Geräte auch tatsächlich reparieren lassen. In Oberösterreich haben wir als erstes Bundesland einen Reparaturbonus eingeführt, der im Vorjahr auch vom Bund übernommen und auf mehr Geräte ausgedehnt wurde. Im Herbst startet er wieder voll durch.
Stefan Kaineder an der Nähmaschine auf der WeFair
> Generell muss unsere Gesellschaft den Wandel von der Abfallwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft schaffen. Wo siehst Du hier in den nächsten Jahren Potenzial?
Ein wichtiges Instrument ist sicher die Einführung eines ordentlichen Einwegpfandsystems in Österreich ab 2025. Hier hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler mit ihrem Team wirklich Historisches erreicht. Das bedeutet: Beim Kauf von Einweggetränkeverpackungen wird ein Pfand fällig – dieses bekommen die Kund*innen retour, wenn die Verpackung wieder zurück ins Geschäft gebracht wird. Schon ab 2024 kehrt das verbindliche Mehrwegangebot schrittweise in die Geschäfte zurück. Ab dann soll es wieder in allen Supermärkten wiederbefüllbare Getränkegebinde geben. Und das auch in allen Kategorien – vom Bier bis zur Milch. Damit sich die Menschen entscheiden können, was sie kaufen. Wer Mehrweg will, wird in Zukunft wieder Mehrweg bekommen. Und das ist auch gut fürs Klima – denn Wiederverwenden ist besser als Wegwerfen. Es spart Energie und auch Ressourcen.
> Nicht nur beim Müllthema, auch beim Klimaschutz besteht Handlungsbedarf. Was denken die Menschen über die Handlungsbereitschaft der Politik?
Aktuelle Umfragen zeigen uns, dass die Menschen beim Thema Klimaschutz oft schon viel weiter sind als Teile der Politik. Gerade älteren Menschen ist es wichtig, dass wir unseren Kindern und Enkelkindern einen intakten Planeten übergeben. Wir brauchen Verbündete auf allen Ebenen, um die Mammutaufgabe Klimawende zu schaffen.
> In Oberösterreich ist ein regelrechter Glaubensstreit um Windräder ausgebrochen. Wie kann man die Menschen überzeugen?
Wir brauchen Windräder für die Energiesicherheit. Wir müssen unseren Strom derzeit mit Gaskraftwerken produzieren. Das Gas kommt von einem Regime, das Krieg führt und es als Kriegswaffe einsetzt. Noch dringlicher ist die Transformation von Wirtschaft und Industrie, hier werden in den nächsten Jahren viele Produktionsprozesse elektrifiziert. Als Industriebundesland Nr. 1 ist es unsere Pflicht, auch einen Beitrag zu leisten und mindestens 100 Windräder bis 2030 zu errichten. Dass die FPÖ sich mit den Windrädern ein neues Feindbild gesucht hat, ist sehr bedauerlich, aber wir kämpfen weiter für echte Energieautarkie. Und dafür braucht es eben auch Windkraft.
> Worauf freust Du Dich bei der WeFair im Herbst am meisten?
Es freut mich, dass es heuer ein Repair-Café gibt, zu dem die Besucher*innen mit defekten Geräten kommen und sie vor Ort reparieren können. Natürlich freue ich mich auch wieder über die dutzenden Aussteller*innen mit regionalen, biologischen und nachhaltigen Produkten.
Kintsugi ist eine alte japanische Technik, um zerbrochene Keramik ästhetisch zu reparieren und die Bruchlinien durch Goldstaub und andere Metallpulver künstlerisch hervorzuheben. Der Linzer Künstler Richard Eigner bietet beim Reparaturschwerpunkt WeFair / Repair bei der WeFair Linz die Gelegenheit, die traditionelle Methode bei einem exklusiven Workshop auszuprobieren.
Zerbrochene Tassen, zerschepperte Teller, zersprungene Vasen: "Mich hat es immer so fertig gemacht, wenn etwas kaputt gegangen ist", erzählt der Linzer Künstler Richard Eigner. Bis er von Kintsugi gehört hat: Bei der traditionellen japanischen Methode wird zerbrochene Keramik mit Urushilack – einem Harz des Urushibaums – in mehreren Schritten geklebt. Als letzter Feinschliff werden die Bruchlinien ästhetisch mit Metallpulvern finalisiert. "Ich habe dann gleich einen Kurs besucht, um zu schauen, ob mir das gefällt. Ich finde es total super, dass ich jetzt durchs Reparieren wunderschöne Einzelstücke erschaffe."
Der Name Kintsugi setzt sich zusammen aus Kin, also "Gold bzw. Metall", und tsugi (von tsugu), das heißt "etwas zusammenfügen", und bedeutet ungefähr "einen Gegenstand mit Gold flicken". Die Reparaturmethode wurde schon im 15. Jahrhundert in Japan entwickelt und ist eng verwoben mit der traditionellen Teezeremonie. "Bei den meisterhaften Teeschalen war Wegschmeißen schlicht undenkbar", erzählt Eigner.
In einem kleinteiligen Arbeitsprozess können nicht nur Risse geklebt, sondern auch Ausbrüche geglättet und Fehlstellen ersetzt werden. Die Reparatur zieht sich über mehrere Wochen, da der Urushilack in einem Feuchtschrank namens Muro aushärten muss. Der Vorteil des Naturmaterials ist, dass es beständig gegen Wasser, Hitze und polierbar ist und – im Gegensatz zu Superkleber und Epoxidharz – auch für Lebensmittelgeschirr geeignet ist, weil es nicht giftig ist.
Richard Eigner beim Kintsugi
Ausprobieren kann man die traditionelle Technik im Rahmen des Reparaturschwerpunkts WeFair / Repair auf der WeFair Linz: Drei Personen werden gemeinsam mit Richard Eigner kaputt gegangene Keramik in drei Workshopterminen über einen Zeitraum von drei Monaten reparieren. Der erste Termin findet auf der WeFair statt, die zwei Folgetermine werden in der Gruppe vereinbart. "Die Keramik sollte maximal zwei Brüche haben und nicht zu kompliziert sein, der Schwierigkeitslevel ist bei vielen kleinen Einzelteilen sonst für den Einstieg zu hoch", erklärt Eigner. Erlaubt ist alles von der Ikea-Tasse bis zum Familienerbstück. "Je nach verwendeter Farbe und der Form des Risses erhält das Stück eine ganz persönliche Note."
"Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten Interesse für Keramik, Geduld und eine gewisse Feinmotorik mitbringen, denn Kintsugi ist mitunter eine echte Fitzelarbeit", schildert Eigner. Gearbeitet wird mit Latexhandschuhen, da manche Menschen auf den Inhaltsstoff Urushiol des Urushilacks mit Ausschlägen oder Hautreizungen reagieren. "Das Coole ist, dass man aus kaputten Sachen ein unverwechselbares Einzelstück machen kann."
Die Plätze für den Workshop werden über Facebook, Instagram und Medienpartner verlost.
Je länger die Lebensdauer, umso nachhaltiger ist ein Produkt: Gemäß dieser einfachen Formel veranstalten wir bei der WeFair in Linz erstmals den schwerpunkt WeFair / Repair, der vom Klimafonds der Stadt Linz gefördert wird. Auf dem Programm stehen Workshops, eine eigene Reparaturzone im Design Center, inspirierende Filme zum Thema und zahlreiche Ausstellende, die Produkte reparieren und wiederverkaufen.
Als gemeinnütziger Verein geht es uns um weit mehr als bewussten Konsum und faires Shoppen: Wir wollen aufzeigen, wie lustvoll und sexy ein nachhaltiger Lebensstil sein kann. Und Reparieren ist eine der wichtigsten und simpelsten Beiträge dazu. Daher steht bereits die Woche direkt vor der WeFair Linz sowie das ganze Messewochenende von 13. bis 15. Oktober im Zeichen von Reparieren, Nähen und Upcyclen.
Gefördert vom Klimafonds der Stadt Linz zeigt der Schwerpunkt WeFair / Repair Möglichkeiten auf, wie man die Lebensdauer von Produkten erhöht - denn jedes Produkt braucht für seine Herstellung Arbeitszeit, Energie und Materialien. Das European Environmental Bureau hat ausgerechnet, dass allein die Verlängerung der Lebensdauer aller Waschmaschinen, Notebooks, Staubsauger und Smartphones in der EU um nur ein Jahr jährlich rund vier Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen würde – das entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von zwei Millionen Autos.
Daher wird es bei der WeFair im Design Center Linz erstmals eine eigene Repair-Zone geben, wo Ihr Eure kaputtgegangenen Produkte – vom Fahrrad über IT bis hin zu Textilien und Schmuck – unter Anleitung von Expert*innen selbst reparieren könnt. Ein hochkarätiges Symposium wird die Bedeutung von Reparatur im Kampf gegen die Klimakatastrophe, Ressourcenverschwendung und Umweltzerstörung beleuchten.
Schon in der Woche vor der WeFair werden im Moviemento und im City Kino abends Filme zum Thema Reparatur gezeigt. Zusätzlich werden im Rahmen des WeFair Day an der Johannes Kepler Universität am 11. Oktober einzelne Projektteile präsentiert.
wir vernetzen uns mit der ÖKO FAIR in Innsbruck und dem Geco Festival in Graz, um noch mehr Menschen für das Thema Nachhaltigkeit zu begeistern. Damit der Wandel in der Gesellschaft hin zu einer enkeltauglichen Lebens- und Wirtschaftsweise gelingt, braucht es die gebündelte Kraft aller Beteiligten.
Bewusster Konsum und Ideen für eine nachhaltige Zukunft: Diese Mischung zeichnet die WeFair in Wien und Linz genauso aus wie die ÖKO FAIR in Innsbruck und das neu gegründete Geco Festival in Graz. Wir schließen uns nun mit den beiden Messen zusammen, um gemeinsam dem Thema Nachhaltigkeit eine noch größere Bühne zu bieten. Durch den regen Austausch, das lebendige Netzwerk und die geballte Kommunikation erreichen wir noch mehr Menschen, um sie mit Ideen für ein besseres Morgen zu inspirieren. Als WeFair können auf 15 Jahre Erfahrung und ein gewachsenes Netzwerk zurückgreifen und stehen damit unseren Partner-Events mit Rat und Tat zur Seite.
"Wir sind davon überzeugt, dass wir die Zukunft nur gemeinsam gestalten können", sagt Anna-Theresa Klingler, Projektleitung der ÖKO FAIR, die von 5. bis 7. Mai in der Messe Innsbruck stattfindet. "Daher freuen wir uns als Congress Messe Innsbruck sehr, mit der WeFair und dem Geco Festival nationale Kooperationspartner für unsere Tiroler Nachhaltigkeitsmesse ÖKO FAIR gefunden zu haben. Alle drei Veranstalter eint das große Ziel, mit den Messen in Innsbruck, Linz, Graz und Wien Österreicherinnen und Österreichern flächendeckend die Möglichkeit zu bieten, sich umfassend über einen nachhaltigen und alternativen Konsum und Lebensstil zu informieren und eine starke Community aufzubauen."
Ähnlich sieht es Thomas Winkler vom Geco Festival, das von 2. bis 4. Juni erstmals in der Grazer Innenstadt stattfindet: "Die Zusammenarbeit mit der WeFair und der Ökofair ist uns ein großes Anliegen, da wir gemeinsam schneller und effizienter Maßnahmen für eine nachhaltige Zukunft schaffen können. Unser Ziel ist es, Bürger*innen außerhalb der Nachhaltigkeits-Bubble zu erreichen und konkrete Lösungen anzubieten, die jede einzelne Person im Alltag umsetzen kann."
Mehr als 180 Ausstellende und rund 6.000 Besucherinnen und Besucher sind am Wochenende in die Marx Halle gekommen, um bei unserer ersten WeFair in Wien dabei zu sein. 15 Jahre nach unserer Gründung haben wir damit erfolgreich den Sprung nach Wien geschafft. In Zukunft wird die WeFair zweimal jährlich stattfinden – im Frühjahr in Wien und im Herbst in Linz.
Nach fünf Jahren Vorbereitung und zwei coronabedingten Absagen war es am Wochenende endlich soweit: Wir haben unsere Premiere in Wien gefeiert, und es war ein voller Erfolg. Mehr als 180 Ausstellende – davon rund die Hälfte aus Wien und Umgebung – haben in der Marx Halle ihre Ideen, Produkte und Dienstleistungen für ein nachhaltiges Miteinander präsentiert. Bei wechselhaftem Wetter haben die rund 6.000 Besucherinnen und Besucher unter einem Dach Fair Fashion, Bio-Ernährung und Öko-Lifestyle entdecken, an- und ausprobieren und gleich kaufen können.
Mit unserer ersten WeFair in Wien haben wir den Grundstein für unsere weitere Entwicklung gelegt: Was vor 15 Jahren als eine kleine Nischenveranstaltung an der Linzer Kunstuni begonnen hat, ist heute eine 360-Grad-Messe, die fast alle Konsumbereiche abdeckt. In Zukunft wird die WeFair zweimal jährlich stattfinden – im Frühjahr in Wien und im Herbst in Linz. Die nächsten Termine sind schon fixiert: Die WeFair Linz findet von 13. bis 15. Oktober im Design Center Linz statt, die nächste WeFair Wien von 12. bis 14. April 2024 wieder in der Marx Halle.
Viele Freunde und langjährige Begleiterinnen haben das Wochenende genutzt, um die WeFair bei ihrem Schritt in eine neue Phase zu begleiten. So hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, die in ihrer Zeit als Geschäftsführerin von GLOBAL 2000 im Vorstand der WeFair war, die Messe in Wien feierlich eröffnet. "Die WeFair leistet einen wichtigen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und ist eine hervorragende Plattform für alle, die schon heute nachhaltige Produkte und Dienstleistungen anbieten oder ausprobieren wollen."
Zwei der Gründer der WeFair, nämlich Klimabündnis-Geschäftsführer Norbert Rainer und Rudi Anschober, damals Umweltlandesrat in Oberösterreich, haben am Samstag auf der Messebühne über die Anfänge der ursprünglich noch WearFair genannten Messe erzählt. "Es freut mich, dass die WeFair nun den Schritt nach Wien so gut geschafft hat und die Menschen hier für nachhaltige Ideen begeistert", sagte Anschober.
Neue und langjährige Wegbegleiterinnen und Unterstützer bei der Premiere der WeFair in Wien
Und auch zwei Ausstellende, die schon bei der allerersten WearFair in Linz vor 15 Jahren dabei waren, haben gemeinsam mit der WeFair den Schritt nach Wien gewagt, nämlich die beiden Modegeschäfte Xiling und "Kleider machen Leute". "Das Thema Nachhaltigkeit war damals noch ein Nebenthema, mittlerweile ist die WeFair zu einer gut besuchten, öffentlich wirksamen Lifestyle-Messe geworden, bei der es um weit mehr als um Mode geht", sagt Anita Katzengruber von "Kleider machen Leute". "Wir gratulieren zu dem Schritt nach Wien und freuen uns auf viele weitere Messen!"
Zufrieden waren auch die Ausstellerinnen und Aussteller, die in Wien das erste Mal auf einer WeFair mit dabei waren – immerhin ein Drittel der mehr als 180 Ausstellenden. "Wir haben erst vor Kurzem eröffnet und konnten hier mit sehr vielen netten Leuten ins Gespräch kommen", berichtet Lena Seifert von der Wiener Keramikmanufaktur Lenas Pottery. "Den Besuchern ist Nachhaltigkeit sehr wichtig und sie kaufen sehr gezielt ein."
Auch abseits von ökologisch und fair produzierten Lebensmitteln, Kleidungsstücken und Accessoires konnten die Besucherinnen und Besucher am dreitägigen Messewochenende so einiges entdecken: Die Klimaaktivistin Lena Schilling hat aus ihrem aktuellen Buch "Radikale Wende" gelesen, beim Mitmachtheater "Egon, Ulli und die Gier" war man dem guten Leben für alle auf der Spur, Vorträge und Podiumsdiskussionen lieferten zahlreiche Impulse zu nachhaltigem Shoppingtourismus, regionaler Ernährung oder Energieversorgung.
Besonders abwechslungsreich war das Programm für Familien und Kinder, etwa die Rätselrallye FairPlay, ein Bio-Lehrpfad von Bio Austria und eine Spielecke von Klimabündnis. Bereits in der Woche vor der WeFair haben wir im Rahmen der Schwerpunktwoche WeFair Goes to School mit kostenlosen Schulworkshops junge Menschen für Nachhaltigkeit sensibilisiert – innerhalb weniger Tage waren alle Termine ausgebucht. Daran sieht man: Das Interesse und die Begeisterung der Menschen für nachhaltige Ideen ist riesig. Und diese Energie nehmen wir mit in die Vorbereitung für die WeFair im Herbst in Linz – und natürlich für die nächste WeFair in Wien!
Haustiere spielen gerne – ganz egal, ob es das teure Spielzeug aus der Tierhandlung ist oder ein selbst gebasteltes Spiel. Einfach das Papier im Zickzack falten, in der Mitte knicken und mit einer Schnur oder einem Garn an einem Stift oder Holzstab befestigen – fertig ist das lustige Fangspiel!
Knallige Überschriften, witzige Bilder, Buchstaben neu zusammengesetzt: Eine Zeitung ist gespickt mit inspirierenden Dingen. Für eine Collage schneidet Ihr aus, was Euch ins Auge sticht, und stellt es komplett neu zusammen – egal ob aufgeklebt auf einem Karton oder auf eine Korkwand gepinnt.
Geschenkpapier wird in der Regel nur wenige Minuten gebraucht, ist aber oft mit Lack oder einer Folie beschichtet und gehört somit in den Restmüll. Ganz anders ist es, wenn man Zeitungen als Verpackung nimmt: Lustige Bilder oder Überschriften stechen ins Auge, und danach kann man die Verpackung getrost im Altpapier entsorgen.
Alte Zeitungen sind nicht nur praktisch als Bastelmaterial: Sie sind auch vielseitig im Haushalt einzusetzen! Zum Beispiel kann man das Papier wunderbar zum Putzen von stark verschmutzten Fenstern verwenden. Aber Achtung: Nur das Papier von Tages- und Wochenzeitungen ist saugfähig. Magazine und Zeitschriften hingegen sind beschichtet, saugen das Wasser und Reinigungsmittel daher nicht auf und eignen sich nicht zum Putzen.
Die Saugfähigkeit des Zeitungspapiers hilft auch, wenn die Schuhe vom letzten Regen noch ganz nass sind: Einfach zusammenknüllen und in den Schuh stecken – schon saugt das Papier über Nacht die Feuchtigkeit auf!
Das EU-Lieferkettengesetz ist ein echter Meilenstein, wird aber von Lobbys bekämpft und von Österreich mangelhaft unterstützt, sagt Sarah Bruckner von der Arbeiterkammer Wien in ihrem Gastbeitrag. In einer aktuellen Umfrage sprechen sich 90 Prozent der Befragten für ein Lieferkettengesetz aus.
Kinderarbeit auf Kakaoplantagen in Westafrika, Umweltzerstörung durch Bergbau in Brasilien, Arbeitsausbeutung im Textilsektor in Bangladesch – weltweit finden täglich Rechtsverletzungen durch Unternehmen statt. Hinter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und Umweltschäden im globalen Süden stehen oftmals Unternehmen des globalen Nordens, auch europäische Unternehmen.
Die Rechte von Arbeitnehmer*innen werden weiterhin weltweit verletzt, wie der jährlich erscheinende Globale Rechtsindex des Internationalen Gewerkschaftsbundes zeigt. Die Debatte um die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden entlang ihrer globalen Wertschöpfungsketten ist aktueller denn je.
Anfang 2022 legte die EU-Kommission einen Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz vor (Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit). Es handelt sich um einen Meilenstein. Gewerkschaften und NGOs haben jahrzehntelang dafür gekämpft. Viel zu lange gab es nur unverbindliche Standards für Unternehmen wie die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Unternehmen konnten in der Regel jegliche Verantwortung für Ereignisse entlang ihrer Wertschöpfungsketten von sich weisen.
Mit dem EU-Lieferkettengesetz soll sich das ändern. Große Unternehmen werden zur Sorgfalt (due diligence) verpflichtet, das heißt, sie müssen künftig die Auswirkungen ihrer Tätigkeit entlang ihrer globalen Wertschöpfungsketten auf Menschenrechte und die Umwelt analysieren und negative Auswirkungen vermeiden bzw. beheben. Staatliche Behörden und Gerichte sind für die Rechtsdurchsetzung zuständig. Frankreich hat bereits seit 2017 ein Gesetz (loi de vigilance) und in Deutschland ist das Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz Anfang 2023 in Kraft getreten.
Sarah Bruckner ist bei der Arbeiterkammer Wien zuständig für EU und Internationales.
Auf EU-Ebene wird über das Lieferkettengesetz derzeit noch verhandelt. Mächtige Industrie- und Wirtschaftsverbände kämpfen gegen die Richtlinie und wollen sie verwässern. Der Europäische Gewerkschaftsbund hat daher gemeinsam mit über 100 NGOs die Kampagne "Justice Is Everybody´s Business" – "Gerechtigkeit geht alle an" gestartet. Mit zehn Forderungen an die EU und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bringt die Kampagne auf den Punkt, was ein wirksames EU-Lieferkettengesetz ausmacht.
Die österreichische Bevölkerung steht einem Lieferkettengesetz positiv gegenüber. In einer jüngst von Arbeiterkammer und Greenpeace in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage sprachen sich mehr als 90 Prozent der Befragten für ein Lieferkettengesetz in der Modebranche aus.
Ob das EU-Lieferkettengesetz ein echter Gamechanger für nachhaltiges Wirtschaften wird oder ein bloßer Papiertiger, entscheidet sich in den kommenden Monaten. Nachdem die Kommission Anfang 2022 einen Vorschlag vorgelegt hat, haben auch die EU-Mitgliedstaaten ihre Position im Rat festgelegt. Österreich hat dabei eine unrühmliche Rolle eingenommen. Bundesminister Martin Kocher hat sich bei der Abstimmung enthalten und somit keine Unterstützung für das EU-Lieferkettengesetz gezeigt. Das muss sich ändern! Demnächst beginnen die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission (sogenannter Trilog), die dann gemeinsam den finalen Richtlinientext ausverhandeln.
Parallel zur WeFair Wien findet in der Kleinen Marx Halle noch ein anderes genussvolles Event statt: Das Craft Bier Fest ist der Markt für handwerklich hergestellte Bierspezialitäten aus heimischen Braumanufakturen und internationalen Kreativbrauereien. Mit dem Kombi-Ticket könnt Ihr die WeFair und das Craft Bier Fest miteinander verbinden!
Untertags mit gutem Gewissen einkaufen, abends noch ein paar außergewöhnliche Bierkreationen entdecken: Während die WeFair von 14. bis 16. April in der Großen Marx Halle alles für den ökologischen und fairen Lebensstil bietet, lädt das Craft Bier Fest am 14. und 15. April in der Kleinen Marx Halle zu einer genussvollen Erkundungsreise durch die Welt der kreativen Bierspezialitäten. "Für ein oder zwei Bier ist immer noch Platz ist. Und so wollen wir gemeinsam Bier und dessen Genuss feiern", sagt Geschäftsführer Martin Mühl.
Die WeFair und das Craft Bier Fest verbindet nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft, sondern auch viele jahrelange Freundschaften zwischen den Organisator*innen. Auch daher war es nur logisch, dass es ein gemeinsames Ticket für beide Veranstaltungen gibt. Das Ticket gibt es bereits im Vorverkauf!
"Wie immer erwarten wir eine gute Mischung aus österreichischen und internationalen Brauereien – mit oft komplett unterschiedlichen Zugängen und eigenen Geschichten. Doch eines verbindet sie immer: die grenzenlose Leidenschaft für gutes Bier", so Eventorganisatorin Samantha Breitler. Mit dabei sind zahlreiche Brauereien aus dem In- und Ausland, vor allem aus Tschechien, Polen und Rumänien. Abgerundet wird das Genussevent mit einem vielseitigen Street-Food-Angebot, das von klassischer bis zu veganer Küche über Austern und Pasta reicht.
Bei einer feierlichen Gala in Linz wurde zum ersten Mal der oberösterreichische Nachhaltigkeitspreis Feronia der oberösterreichischen Nachrichten, der Oberbank und des Landes Oberösterreich vergeben - und prompt haben wir in der Kategorie "Kultur schaffen und erhalten" gewonnen!
Mit der Feronia werden nachhaltige Unternehmen, Initiativen und Vereine mit Sitz in Oberösterreich ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es: "Die größte Nachhaltigkeitsmesse Österreichs ist als Green Event ausgezeichnet und bietet mit jeweils 8.000 bis 15.000 Besucher*innen alles, was man für ein nachhaltiges Leben braucht."
SCHLUSS MIT DER KAPUTTEN WIRTSCHAFTSWEISE! JETZT IST DIE BESTE ZEIT, UM NEUES AUSZUPROBIEREN, SAGT JOHANNES GUTMANN. VOR 35 JAHREN HAT ER IM WALDVIERTEL DEN BIO-PIONIER SONNENTOR GEGRÜNDET. IM INTERVIEW SPRICHT DER 58-JÄHRIGE ÜBER SEINE KINDHEIT ALS AUFMÜPFIGER BAUERNBUB, DIE VORTEILE ALS RAMPENSAU UND SEINE GROSSE VISION FÜR DIE ZUKUNFT.
> 1988 war Bio für viele noch ein Fremdwort. Wie sind Sie auf die Idee für Sonnentor gekommen?
Gutmann: Es war schon eine ziemliche Pioniergeschichte. Als mich mein letzter Arbeitgeber rausgeschmissen hat, hab ich gesagt: Dann mach ich es eben für mich selbst. Damals hab ich schon mit Gewürzen gearbeitet und wusste, woher ich die Kräuter bekomme, welche Bauern Bio machen. Mit kleinen Ideen wie Kooperation und dem Thema Nachhaltigkeit hab ich mir meine Nische gesucht, alles mit Maß und Ziel, wie ich es am elterlichen Bauernhof gelernt habe. Trotz aller Unkenrufe war für mich klar, Bio ist die Zukunft.
> War es 1988 einfacher, ein Unternehmen wie Sonnentor zu gründen?
Ich denke nicht. Die Kommunikation ist heute viel einfacher. Damals habe ich in Sprögnitz nur einen Viertelanschluss gehabt. Wenn dich keiner findet, dann stirbst du wirtschaftlich. Man muss den Mund aufmachen und mit den Leuten reden. Das ist mir gut gelegen und auch gelungen.
> Sie sind mit Ihrer roten Brille, der Krachledernen und dem markanten Auftreten das Aushängeschild von Sonnentor. Muss man eine Rampensau sein, um erfolgreich zu sein?
(lacht) Man darf nicht geschreckt sein, wenn man ein Unternehmen leitet und aufbaut, sondern man muss Freude haben, vorne zu stehen. Ich hab schon als Schulsprecher in der HAK gelernt, wie man in der Gemeinschaft gehört wird und etwas bewegen kann.
> Wie sehr hat Sie die Kindheit am Bauernhof geprägt?
Ich bin auf einem kleinen Bauernhof im Waldviertel aufgewachsen und hab dort von Klein auf mitgeholfen. Ich war nicht gerade der Fleißigste, aber die Kooperation auf Augenhöhe habe ich gelernt – jeder bringt das ein, was er gut kann. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mich nicht in eine bestimmte Richtung gezwungen haben – das hätte bei mir auch nicht funktioniert, ich war ziemlich aufmüpfig. Was ich auch gelernt habe, ich das Verständnis für den Kreislauf der Natur.
> Gab es irgendwann einen Punkt, wo Sie ans Aufhören gedacht haben?
Ich hatte nie eine Phase, wo es mich total angefäult hat, sondern ich hab immer viele positive Bestätigungen erlebt. Sicher gibt es nicht nur Sonne, aber ich bin konsequent geblieben, dann geht’s irgendwie weiter. Bei uns in Österreich wächst mit dem Erfolg leider auch der Neid rundherum, das darf dich nicht mitreißen und vom Weg abbringen lassen.
Johannes Gutmann und die Ursprungsbauern, mit denen Sonnentor begonnen hat
> Was braucht es für neue Wege in der Wirtschaft und der Gesellschaft?
Man muss es den Menschen einfach und schmackhaft machen, nicht von oben herab. Das mag ich an der WeFair, sie holt die Leute dort ab, wo sie stehen, und zeigt, wie es anders und besser geht. Das Wichtigste beim Umgestalten der Gesellschaft sind Praxisbeispiele und Vorbilder, wie es funktionieren kann. Wir versuchen, ein solcher Leuchtturm zu sein, und öffnen uns für Besucher, laden Schulen ein, zu uns zu kommen. Da geb ich gern meinen Senf weiter. Ich hätte mich seinerzeit gefreut, wenn ich Menschen kennengelernt hätte, die mir authentisch sagen, welche Erfahrungen sie bei einer Gründung gemacht haben.
> Sie sind heute 58 Jahre alt – wie lange bleiben Sie noch die Galionsfigur von Sonnentor?
Bei einem Unternehmen der Größe von Sonnentor muss ich schon viele Aufgaben delegieren, sonst geht’s nicht. Ich habe das Ganze begonnen, aber umsetzen tun wir es jetzt alle miteinander, mit den Talenten jedes und jeder Einzelnen.
> Was wollen Sie noch erreichen?
Meine ganz große Vision, die wir gemeinsam mit anderen Firmen verfolgen, ist ein enkeltaugliches Österreich, das zu 100 Prozent biologisch bewirtschaftet wird. Dafür braucht es mutige Leute, die neue Wege gehen – Spinner braucht’s immer, wie ich sage. Jetzt ist die beste Zeit, um neue Wege zu probieren, weil uns nur die nachhaltige Wirtschaft in die Zukunft bringt. Der Hut brennt, die Weltwirtschaft hat sich verrannt und ins Tun sind wir als Gesellschaft noch lange nicht gekommen. Wir hängen an der Nadel wie die Süchtigen. Das ist der Megaauftrag für die Zukunft, dass wir unabhängig werden von dieser kaputten Wirtschaftsweise.
DER WIENER KLIMASTADTRAT WILL DIE STADT ZUM VORREITER IN NACHHALTIGER ERNÄHRUNG UND KREISLAUFWIRTSCHAFT MACHEN, DABEI ABER DIE MENSCHEN MIT GERINGEM EINKOMMEN NICHT AUS DEN AUGEN VERLIEREN. IM INTERVIEW SPRICHT ER ÜBER SINNVOLLE VERWERTUNG VON RESSOURCEN, SEINE KULINARISCHEN ERKUNDUNGEN DES WIENER GUSTO UND SEINE VORFREUDE AUF DIE WEFAIR.
> Bei einem nachhaltigen Leben denken viele an ein idyllisches Leben auf dem Land. Kann Nachhaltigkeit auch in der Stadt gelebt werden?
Czernohorszky: Auf jeden Fall! Jede und jeder kann einen Beitrag zu einem nachhaltigen Umgang mit dem Klima leisten – auf allen Ebenen. Ein Thema dabei ist unter anderem eine nachhaltige und gesunde Ernährung – da haben wir beispielsweise unseren Wiener Lebensmittelaktionsplan "Wien isst G.U.T. – Gesund, Umwelt-, Klima- und Tierfreundlich". Aber auch die längere Verwendung von Produkten und Abfallvermeidung tragen aktiv zum Klimaschutz bei: Deshalb bauen wir unser erfolgreiches Reparaturnetzwerk laufend aus. Auch wollen wir den Weg von der Wegwerfgesellschaft zur Kreislaufwirtschaft gehen und haben erst kürzlich einen zweiten 48er-Tandler eröffnet. Und bereits zwei Mal haben wir einen eigenen Nachhaltigkeitspreis der Stadt Wien für Unternehmen vergeben!
> Sie wollen den Klimaschutz sozial gestalten. Wie soll das gelingen?
Klar ist: Eine nachhaltige Stadt muss immer auch das soziale Klima im Blick haben! Was auf die Corona-Pandemie zutrifft, gilt auch für die Klimakrise. Sie geht uns zwar alle an, aber sie trifft nicht alle Menschen gleichermaßen. Manche können sich selber schützen, weil sie genügend Geld und Möglichkeiten haben. Andere können das nicht, aber brauchen diesen Schutz genauso.
Stadtrat Jürgen Czernohorszky
Hier kommt die Politik ins Spiel. Eine verantwortungsbewusste und soziale Politik schützt. Wien soll ein gutes Zuhause sein – es ist unsere Aufgabe, das zu steuern Jeder Mensch soll eine hohe Lebensqualität genießen. Genau deshalb setzen wir einen großen Fokus auf den Ausbau von Grünflächen, fördern Dach- und Fassadenbegrünungen oder schaffen die Möglichkeiten für klimafreundliches Heizen ohne Gas – all dies haben wir in unserem Klima-Fahrplan und in unserer Raus-aus-Gas-Strategie festgeschrieben.
> Ein Problem ist die Wegwerfkultur. Wie wollen Sie diese eindämmen?
Wien verfolgt die Vision einer zirkulären und möglichst abfallfreien Stadt. Daher ist unser Ziel, alles zu verwerten, was verwertbar ist – das verstehen wir unter gelebter Kreislaufwirtschaft. Dabei sind wir bereits jetzt auf einem guten Weg: zum Beispiel bei der Beschaffung und Reparatur von Gütern oder der Nutzung von Altwaren mit den Initiativen ÖkoKauf, unserem Reparaturnetzwerk Wien oder dem 48er-Tandler. Hier setzen wir gerade auch mit unserer Umweltberatung oder auch der Klima-Tour auf niederschwellige Beratung und Bewusstseinsbildung.
Wir wollen uns aber auf allen Ebenen weiter verbessern, etwa bei der getrennten Sammlung von Verpackungen. Wenn wir alle gemeinsam mehr sammeln, kann letztlich mehr recycelt werden. Es gelangen mehr Verpackungen wieder zurück in den Kreislauf, dadurch sparen wir Ressourcen und leisten einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz! Hier haben wir bereits mit der seit Jänner eingeführten Kunststoffsammlung in der Gelben Tonne einen wichtigen Schritt gesetzt, mit 2025 folgt mit der Einführung des Pfandes auf PET-Flaschen und Alu-Dosen ein nächster.
Jürgen Czernohorszky beim Stand von Wiener Gusto
> Der Lebensmittelbereich macht bis zu 30 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen aus. Wie kann eine nachhaltige Lebensmittelversorgung in Wien aussehen?
Ein achtsamer Umgang mit Lebensmitteln trägt wesentlich zu Klima- und Umweltschutz bei und reduziert Tierleid. Bei der Stadt Wien haben wir unter dem Motto "Wien isst G.U.T. – Gesund, Umwelt-, Klima- und Tierfreundlich" eine große Klammer für einen nachhaltigen und fairen Umgang mit Lebensmitteln geschaffen. Neben dem bewussten Einkauf von regionalen und saisonalen Lebensmitteln hat die Vermeidung von Lebensmittelabfällen eine zentrale Bedeutung. Eine Initiative in diesem Bereich ist beispielsweise die "Genuss Box", die die Mitnahme von Speiseresten in der Gastronomie ermöglicht. Ein weiteres neues Projekt ist "SchoolFood4Change", das bei Kindern ansetzt, um das Bewusstsein für eine gesunde und klimafreundliche Ernährung zu schaffen.
Und erst im Vorjahr haben wir als Stadt die Bio-Marke "Wiener Gusto" auf den Markt gebracht, die Produkte aus stadteigener Landwirtschaft umfasst und mit bester Bio-Qualität und kurzen Lieferwegen zum Schutz des Klimas beiträgt.
> Was schmeckt Ihnen an Nachhaltigkeit am besten?
Momentan koste ich mich durch die Produkte unserer Bio-Marke "Wiener Gusto": Da sind Bio-Linsen, Erdäpfel, diverses Wildfleisch ebenso dabei wie Bio-Leinöl und viele Bio-Mehle, aus denen sich köstliche Mehlspeisen und Brotvarianten zu bereiten lassen!
> Zweimal musste die WeFair coronabedingt verschoben werden, heuer ist es endlich soweit: Worauf freuen Sie sich bei der WeFair am meisten?
Auf viele neue Anregung und Ideen für ein nachhaltiges Leben!
Zwei Jahre lang hat Zero Waste Austria die Erfahrungen und Informationen der mittlerweile 25 Unverpacktläden in Österreich gesammelt und aufbereitet. Das geballte Wissen stellt der Verein nun allen kostenlos zur Verfügung, die selber ein verpackungsfreies Geschäft eröffnen wollen.
Einkaufen ohne Verpackung – das wird in Österreich immer beliebter. Mittlerweile gibt es 25 Unverpacktläden und rund 200 Geschäfte, die teilweise lose Ware anbieten. Allerdings stehen Menschen, die einen solchen Laden eröffnen wollen, vor einigen kniffligen Fragen: Welche Spender nimmt man am besten? Woher bekomme ich lose Ware und wie verrechne ich sie? Und wie sieht es mit den Hygienebestimmungen aus?
Um Antworten zu erhalten, wenden sich viele an Zero Waste Austria: Der Verein berät alle Interessierten kostenlos und hat in den vergangenen zwei Jahren mit dem Projekt "Unverpacktes Wissen" die Informationen der heimischen Unverpacktläden in einem kompakten Leitfaden gesammelt und aufbereitet. Zusätzlich wurden in vier Bioläden Unverpacktzonen eingerichtet, um am Ende des Projekts messbare Ergebnisse zur Verpackungseinsparung zu liefern.
Die Frauenwirtschaft ist ein Unverpacktladen in Persenbeug.
"Die Ergebnisse zeigen, dass ein unverpacktes Sortiment ökologisch und ökonomisch enormes Potenzial hat", fasst Obfrau Lorraine Wenzel bei der ersten Zero Waste Konferenz zum Thema Zukunft des (Lebensmittel)-Handels zusammen. Allerdings haben sich die Corona-Krise und die Inflation massiv auf die Branche ausgewirkt: Reine Unverpacktläden haben immer öfter mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen oder müssen ganz schließen.
In Interviews mit Konsument*innen hat sich gezeigt, dass keine*r der Befragten ausschließlich in einem Unverpacktladen einkaufen geht, sondern sich beim nachhaltigen Einkauf hauptsächlich auf Trockenprodukte und Drogerieartikel fokussiert. "Um die breite Masse erreichen bzw. ökologischen Einfluss nehmen zu können, ist ein unverpacktes Sortiment alleine zu wenig", sagt Wenzel. Die Lösung können zum Beispiel hybride Modelle sein, also die Kombination von verpackter und unverpackter Ware. "Weitere Einflüsse wie die Anwenderfreundlichkeit des Spendersystems bis zur Verrechnung, das Gesamtsortiment, die Öffnungszeiten sowie das grundsätzliche Geschäftsmodell tragen wesentlich zum ökologischen Erfolg sowie der ökonomischen Sinnhaftigkeit bei."